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Brexit hat auf anhängige Verfahren der gegenseitigen Anerkennung keinen Einfluss

Brexit

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Eine von Großbritannien vor einem Austritt aus der Europäischen Union (Brexit) erteilte Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel kann auch nach einem Austritt Gegenstand der Erteilung einer Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung sein. Dies hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig nun in einem Eilverfahren entschieden.

Nachdem die Antragstellerin in Großbritannien eine Zulassung für ihr Pflanzenschutzmittel erwirkt hatte, beantragte sie beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Erteilung einer für das Bundesgebiet geltenden nationalen Zulassung des Pflanzenschutzmittels im Wege der gegenseitigen Anerkennung gem. Art. 40 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Da das BVL die Zulassung nicht fristgemäß und dann auch noch nicht wie beantragt erteilte, legte die Antragstellerin gegen den Bescheid des BVL Widerspruch ein. Aufgrund der erneuten Verzögerung des Verfahrens und den öffentlichen Mitteilungen des BVL musste die Antragstellerin befürchten, dass ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union negative Auswirkungen auf ihr anhängiges Widerspruchsverfahren haben wird. Im Februar 2019 veröffentlichten die Europäische Kommission und das BVL jeweils Stellungnahmen zu den Auswirkungen des Brexits. Nach diesen sollten im Falle eines Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union die in der Europäischen Union verbleibenden 27 Mitgliedstaaten eine von Großbritannien erteilte Zulassung nicht länger anerkennen können. Nach dem Brexit sei Großbritannien wie ein Drittstaat zu behandeln. Dies gelte unabhängig davon, ob der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union auf der Grundlage eines Austrittsabkommens erfolge oder ungeregelt („No-deal-Brexit“).

Den daraufhin von der Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Braunschweig gestellten Eilantrag gegen die Bundesrepublik Deutschland hat das Gericht zwar aus formalen Gründen abgelehnt, aber dennoch die Rechtsauffassung der Antragstellerin umfassend bestätigt. Nach der Auffassung des Gerichts kann eine von Großbritannien vor einem Austritt aus der Europäischen Union (Brexit) erteilte Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel auch nach einem Austritt Gegenstand der Erteilung einer Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung sein. Das Gericht führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass eine von Großbritannien vor einem etwaigen Austritt aus der Europäischen Union in Anwendung der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erteilte Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel die Voraussetzungen einer gegenseitigen Anerkennung gem. Art. 40 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erfülle, auch wenn es zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Austritt kommen sollte. Denn im Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung sei Großbritannien noch Mitgliedstaat der Europäischen Union gewesen und habe die Zulassung in Anwendung des in diesem Zeitpunkt auch für sein Hoheitsgebiet geltenden europäischen Rechts erteilt. Die Zulassung sei nach den einheitlichen rechtlichen Regelungen erteilt worden, die nach einem etwaigen Austritt Großbritanniens für die in der Europäischen Union verbleibenden Mitgliedstaaten fortgelte. Von Großbritannien sei als Mitgliedstaat der Europäischen Union also eine „europäische Zulassung“ nach den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 erteilt worden. Es seien keine tragenden Gründe ersichtlich, die es dennoch erfordern würden, dass Großbritannien auch im Zeitpunkt der Entscheidung über einen Antrag auf gegenseitige Anerkennung einer von ihm erteilten Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel weiterhin Mitglied der Europäischen Union sein müsse. Offen lässt das Gericht aber, ob diese rechtliche Bewertung auch für Fälle gelte, in denen ein Antrag auf gegenseitige Anerkennung einer von Großbritannien unter Geltung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erteilten Zulassung eines Pflanzenschutzmittels erst nach einem etwaigen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union gestellt werde.